Unter Wasser – Klara gewinnt den Erzählwettbewerb der 7. Klassen!

„Stell dir vor, du tauchst tief ins Meer – dorthin, wo das Licht kaum noch hinkommt und seltsame Wesen durch die Dunkelheit schweben… Die Welt unter Wasser ist geheimnisvoll und sie steckt voller Abenteuer… Bist du mutig genug, deine Figur in diese unbekannte Welt zu schicken?“ – Mit diesen einführenden Sätzen des Deutschleistungskurses der Jahrgangstufe 11 begannen die Schülerinnen und Schüler der 7. Klassen im Herbst 2024, erste Ideen für ihre Geschichten zum Thema „Unter Wasser“ zu sammeln. Bis zu den Osterferien hatten sie Zeit, ihre Figuren zu entwickeln, die Anfangsideen zu verfeinern und schließlich ihre Geschichten zu Papier zu bringen. Die beiden besten Texte jeder Klasse wurden an die 13köpfige Jury des Leistungskurses geschickt. Zehn Geschichten galt es zu lesen und zu bewerten…

Am 23. Juni fand nun die Prämierung der vier besten Geschichten statt. Als Publikum eingeladen waren die Klassen 7a und 7c und natürlich alle Autor:innen. Moderiert wurde die ganze Veranstaltung von Nela und Theo. Nach einem musikalischen Einstieg durch Benjamin am Klavier erhielten zunächst die „Nicht-Platzierten“ Lob und ein Dankeschön. Danach lasen vier Autorinnen die besten Geschichten vor und man merkte, dass sie auch das geübt hatten. Auf jede Geschichte folgte die „Laudatio“ der LK-Schüler:innen. An „Ändern“ von Enja lobten Emma und Luisa die bildliche Darstellung, die es möglich mache, sich so gut in die Geschichte hineinzuversetzen, sowie die „Message“, die zum Denke anrege. Joshua und Katharina bedankten sich bei Feline für „Die versunkene Welt von Niralev“, mit der sie sie in die geheimnisvolle Welt des Meeres mitgenommen habe. Aufgrund der authentischen Darstellung habe man sich wie die Hauptfigur Ylva gefühlt. Besonders erstaunlich an „Ein Wagnis“ von Klara empfanden Kati und Emilia neben der sprachlichen Gestaltung die Situation der Hauptfigur – sie steht auf einem Sprungturm. Dies sei eigentlich etwas Bekanntes, daran zeige Klara aber, dass solch eine vermeintliche „Kleinigkeit“ für manche viel Mut und Überwindung brauche und man stolz sein könne, wenn man es geschafft habe. Auch die Verbindung zur Klimakrise gefiel ihnen sehr. Moritz und Max schließlich lobten „Das schönste Schiff überhaupt“ von Marlene wegen ihrer detailreichen und fantasievollen Beschreibung und der Tatsache, dass man auf jeden Fall bis zum Ende weiterlesen wollte, um zu wissen, wie die Geschichte ausgehe.

Theo und Nela betonten am Ende, dass alle Geschichten besonders gewesen seien. Gewonnen hat den ersten Erzählwettbewerb der Klassen 7 am SGH Klara mit ihrer Geschichte „Ein Wagnis“ (wie verlinken sie für alle Interessierten). Alle Platzierten erhielten einen Buchgutschein, um sich in den Ferien bei spannender Lektüre Inspiration für weitere tolle Geschichten zu holen.

Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden und auch den Deutschkolleginnen, die diesen Wettbewerb begleitet haben.

Ein Wagnis                                                                                       von Klara, April 2025

So viele haben es schon geschafft, warum also nicht auch ich? Es ist denkbar einfach, und wenn ich mich halbwegs klug anstelle, wird mir dabei auch nichts passieren. Und doch zögere ich, knete den rauen, feuchten Kunststoff unter meinen Füßen mit den Zehen. Schaudernd sehe ich nach unten – halt! Bloß nicht nach unten! Lieber nach vorn. Ich richte meinen Blick auf einen Baum weit in der Ferne, doch dabei ereilt mich das zu erwartende Gefühl, mich viel zu hoch über dem Erdboden zu befinden. Auch nicht besser. Am besten gar nicht! Ich kneife die Augen zusammen, nur um sie Sekunden später wieder zu öffnen. Es hat doch keinen Sinn. Ich kann nicht mehr länger warten. Im Kopf beginne ich zu zählen. 1,2,3… Bei Fünf!  6,7,8… Bei Zehn! Bei Zwölf höre ich auf, lasse meine Arme, die ich über den Kopf gestreckt habe, hängen und gehe einen Schritt zurück. Dabei gleite ich mit dem Fuß aus. Erschrocken rudere ich mit den Armen, bis ich wieder sicher auf beiden Füßen stehe. Mist, jetzt ist es passiert. Seit ich das Schwimmbad betreten habe, habe ich sie erfolgreich ignoriert, doch nun drängt sich die Erinnerung unaufhaltsam in den Vordergrund meines Bewusstseins, besetzt mein Gehirn und friert sämtliche Denkvorgänge ein: Als kleines Kind, vielleicht mit drei Jahren, spazierte ich allein durch ein Schwimmbad. Mein Vater, mit dem ich zusammen dort war, war auf der Liegewiese eingeschlafen, und ich hatte mich davongemacht. Das Wasser im Schwimmbecken, diese Unruhe und Bewegung, hatten mich damals fasziniert. Unbedingt wollte ich es berühren und beugte mich deshalb viel zu weit über den Beckenrand. Ich konnte noch kein bisschen schwimmen. Als ich schließlich ins Wasser fiel, ging ich trotz meiner verzweifelten Paddelversuche rasch unter. Meine Erinnerung an das, was folgte, sind lückenhaft, doch ich weiß noch, dass es unter Wasser sehr still war und ich versuchte, mich an den vielen aufsteigenden Luftblasen festzuhalten. Dann sah ich eine Gestalt mit ausgestreckten Armen auf mich zu kommen, bevor alles um mich herum dunkel wurde.

Ich hatte unglaubliches Glück gehabt und nur eine Menge Wasser geschluckt. Doch seither fürchtete ich Wasserbecken, Schwimmbäder und alles, was mich an diesen schrecklichen Tag erinnerte. Als ich älter war, unternahm ich einige halbherzige Versuche, mich meiner Angst zu stellen, doch spätestens seit ich weinend von einer Freibadparty zum 10. Geburtstag meiner besten Freundin hatte abgeholt werden müssen, wusste ich, dass es Zeit war, etwas zu unternehmen. Also plantschte ich im Babybecken, besuchte mit meiner sechsjährigen Schwester einen Schwimmkurs und kaufte eine Dauerkarte im Hallenbad. Ich lernte schwimmen, behielt aber einen gehörigen Respekt vor dem Wasser.

Heute trennen mich etwa neun Jahre, ein Umzug und viel Schwimmunterricht von diesem verhängnisvollen Tag, und bis vor wenigen Minuten war ich fest entschlossen, heute meinen ersten Kopfsprung zu machen. Doch jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Was, wenn etwas schiefgeht? Wenn ich mich unter Wasser vor Angst nicht bewegen kann? Immer wieder ertrinken Menschen in Schwimmbädern. Was, wenn ich die nächste bin? Wieso muss ich das überhaupt machen?  Vielleicht kann ich ja auchAch, komm schon! weise ich mich zurecht.
Das kann doch wirklich nicht wahr sein!                            

Um zu vermeiden, dass ich mich in sinnloser Konversation mit mir selbst verstricke und am Ende womöglich zu dem Schluss komme, dass es viel besser für mich ist, wenn ich nicht springe, trete ich einen Schritt nach vorn. Ich hebe meine Arme und schaue dabei nach unten. Jetzt muss es klappen! Ich fixiere einen Punkt unter Wasser, beiße die Zähne zusammen, mache mich zum Absprung bereit und – trete entmutigt zurück. Ich sollte es nicht weiter versuchen. Ich kann es einfach nicht. Es gibt keinen Grund, weshalb ich mich hier quälen  sollte. Ich kann nach Hause gehen, und es ist egal, ob ich es geschafft habe oder nicht. Leider gibt es aber doch einen Grund, den ich mich zwar weigere anzuerkennen, der mich aber wahrscheinlich erst hierher gebracht hat: Ich will mir selbst beweisen, dass ich es kann. Dass ich keine zehnjährige Heulsuse mehr bin. Komm jetzt! Tu es endlich! Langsam taste ich mich bis zum Rand des Startblocks vor. Ich habe all diese Bewegungen schon hunderte Male im Kopf durchgespielt, und doch kommt es mir jetzt so vor, als würde ich sie gerade neu entdecken. Vorne angekommen hebe ich erneut die Arme. Ich weiß, dass ich es kann! Dieser Satz hallt in meinen Ohren nach, als ich mich langsam, wie in Zeitlupe abstoße und mit den Armen voran ins Wasser springe.

Nach dem Durchbrechen der Wasseroberfläche brennt mein Gesicht, doch der Schmerz ist schnell verflogen, und Augenblicke später spüre ich nur noch die Kühle des Wassers. Ich horche in mich hinein, suche nach der altbekannten Panik, nach lähmender Angst, doch da ist nichts außer meinem gleichmäßigen, beruhigenden Herzschlag. Vorsichtig blinzle ich und öffne schließlich zögernd die Augen. Was ich sehe, ist schlicht, aber trotzdem schön. Es sind, wie nicht anders zu erwarten, Boden und Wände eines Schwimmbeckens, grau und metallisch. Sonnenstrahlen fallen durch die Wasseroberfläche herein und verlieren sich auf dem Weg zum Grund, die Silhouetten schwimmender Menschen zeichnen sich dunkel gegen den hellen Himmel ab, der sich bis hier unten erahnen lässt. Und es ist still, wunderbar still. Kein Laut dringt an meine Ohren, nicht einmal das Plätschern von Wasser. Lediglich ein dumpfes Pochen ertönt, als ich auf dem Grund des Beckens aufkomme. Ich habe bisher noch keinen einzigen Schwimmzug getan, sondern mich durch das Wasser nach unten gleiten lassen. Wasser – das ist schon eine merkwürdige Sache: Allen Lebewesen auf der Erde schenkt es Leben, und gleichzeitig kann es uns alle jederzeit einfach auslöschen. Würde das Wasser steigen und steigen, immer weiter, bis es kein Land mehr gäbe, wäre sämtliches Leben auf der Erde vorbei, und ein paar dümpelnde Fische würden die Welt regieren. Zu unser aller Glück hat das Wasser dies bis jetzt noch nicht getan. Es bleibt zu hoffen, dass es sich es nicht anders überlegt.

Wie gerne würde ich noch hierbleiben, die Stille genießen und über rachsüchtige Wassermassen philosophieren. Doch langsam wird mir die Luft knapp. Es ist an der Zeit, wieder aufzutauchen. Ich strecke die Arme, stoße mich vom Boden ab und strebe mit gemächlichen Schwimmzügen der Oberfläche entgegen. Kurz, bevor ich sie durchbreche, werfe ich noch einen Blick zurück. Dann wende ich mich um, tauche auf und lächle. Ich habe es geschafft.