Wie ukrainische Schüler in Heppenheim integriert werden

An Heppenheims Schulen sind derzeit 57 Kinder und Jugendliche untergekommen. Die Schulleitungen berichten von Integration, aber auch von Problemen.

 „Die Kinder sind traumatisiert, aber sehr motiviert und diszipliniert“, sagt Myriam Brück, Schulleiterin der Schloss-Schule in Heppenheim. Sieben ukrainische Kinder werden in der Intensivklasse der Grundschule in der historischen Altstadt unterrichtet, berichtete Brück Mitte Juni. Die Klassenlehrerin der Intensivklasse ist selbst Ukrainerin und kann sich gut mit den Kindern austauschen. Doch nicht in allen Heppenheimer Schulen läuft es so glatt.

In der Kreisstadt wurden insgesamt 57 Schüler und Schülerinnen aus der Ukraine aufgenommen, berichtet Susann Hertz, Leiterin des Staatlichen Schulamtes. Im gesamten Kreis Bergstraße sind es 516 Kinder und Jugendliche (Stand 20. Juni). Davon besuchen 202 Schüler die Grundschule, 37 sind an Beruflichen Schulen angemeldet und 277 an den weiterführenden Schulen. „Die Sprachförderung läuft gut, motiviertes Personal ist vorhanden“, weiß Hertz zu berichten. „Wir sind zusammen mit den Schulen sehr darum bemüht, bestmöglich qualifiziertes Personal zu finden, was nicht in jedem Einzelfall gelingt. Alle eingestellten Personen zeigen jedoch höchsten Einsatz und eine hohe Motivation.“

In der Konrad-Adenauer-Schule in der Weststadt etwa wird manchmal auf die Übersetzerfunktion des Handys zurückgegriffen. Viele Ukrainer haben auch Familienangehörige, die beim Übersetzen helfen. Auch die Heppenheimer Kinder, die Ukrainisch oder Russisch sprechen, werden eingeladen zu übersetzen. Im Unterricht der Grundschule, bei dem es hauptsächlich um das Lernen der deutschen Sprache geht, gebe es aber selten Probleme, so Victoria Weghmann vom Schulleitungsteam.

Im März kamen die ersten beiden ukrainischen Mädchen in der Konrad-Adenauer-Schule unter, sie wurden fortan in der Vorklasse unterrichtet. Etwa einen Monat später wurden es schlagartig mehr, erinnert sich Weghmann.

Die Kinder bekommen mittlerweile jeden Tag vier Stunden Unterricht in einer gemeinsamen Intensivklasse. Vereinzelt gehen Kinder auch mal mit in den Fachunterricht oder besuchen den Sportunterricht der sogenannten Regelklassen. Das funktioniere gut, so die Schulleitung. „Die Kinder freuen sich auch immer, wenn sie die neuen Kinder unterstützen können“, berichtet Weghmann. „Ein paar Kinder können sogar in der Muttersprache kommunizieren“, fügt sie hinzu. Generell würden auch die ukrainischen Kinder immer mehr verstehen. „Das Sprechen ist noch etwas zaghaft, aber sie trauen sich immer mehr.“ Untereinander bleiben die Kinder dann doch bei ihrer Muttersprache.

https://bd845361ce3d41c694047cc7c4d78625.safeframe.googlesyndication.com/safeframe/1-0-38/html/container.html Dass der Umgang zwischen den deutschen und den ukrainischen Schülern meist gut klappt, zeigt sich auch an der Hilfsbereitschaft der Kinder und Jugendlichen. Die Grundschüler der Schloss-Schule haben die Neuankömmlinge etwa mit Geschenken wie Kunstsachen, Stiften und Turnbeuteln begrüßt. Auch die Schüler des Starkenburg-Gymnasiums hatten sich gleich zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine solidarisch mit dem osteuropäischen Land gezeigt. Dort hatte die Schülervertretung eine Spendenaktion für die Opfer des Krieges vor Ort gestartet. Auf dem Schulhof hatten die Gymnasiasten außerdem eine Friedenskundgebung abgehalten.

Da das Starkenburg-Gymnasium überdies Russischunterricht anbietet, können dort die Fachlehrer sprachlich vermitteln. Aber es gibt auch andere Wege, die Jugendlichen zu integrieren: „Viele Schüler sprechen beispielsweise Englisch, und daher versuchen wir sie in die Lerngruppen in Englisch zu integrieren“, so Schulleiterin Katja Eicke.

In der Intensivklasse des Gymnasiums werden derzeit 17 Schüler und Schülerinnen unterrichtet. Sie kommen unter anderem aus der Ukraine, aus Afghanistan und aus Syrien. Dort sollen sie die deutsche Sprache üben. Zusätzlich gibt es individuelle Stundenpläne für die Kinder und Jugendlichen, bei denen sie ihrem Alter entsprechend Stunden in den Regelklassen verbringen.

Doch Eicke blickt auch kritisch auf die aktuelle Situation. „Schwierig ist die Tatsache, dass der Fokus der Öffentlichkeit so stark auf den ukrainischen Schülern liegt. Die anderen Kinder haben es ebenfalls verdient, dass man ihnen mit derselben Aufmerksamkeit und Unterstützung begegnet“, findet die Schulleiterin. „Es ist schwer nachzuvollziehen, dass Schüler aus der Ukraine Vergünstigungen und sogar ein Angebot in ihrer Landeskultur erhalten, die Kinder anderer Länder aber nicht. Dies ist ein grober Fehler der Politik.“

(C) Echo 28.06.2022