Theater AG in Heppenheim bringt “Frankenstein” auf die Bühne

“Die Begebenheit, auf welche der vorliegende Roman sich gründet, trägt nach dem Dafürhalten des Dr. Erasmus Darwin sowie etlicher deutscher Physiologen nicht im eigentlichen Sinne den Anstrich des Unmöglichen”, schreibt Mary Wollstonecraft Shelley in der Vorrede zu ihrem Roman “Frankenstein”, der 1818 erschienen ist. Die Horror-Saga um den Schweizer Studenten Victor Frankenstein, einen “modernen Prometheus”, so der Titelzusatz des Romans, bringt jetzt das Junge Theater Starkenburg (JUST) auf die Bühne. “Frankenstein” ist die dritte Produktion der von Noah Bangert und Benjamin Priemer 2021 wiedergegründeten Theater-AG am Starkenburg-Gymnasium. Nach monatelangen Proben haben sie sich am Mittwochabend in der Aula an die erste Generalprobe für “Frankenstein” herangewagt, und das Ergebnis konnte sich mit dem intensiven Spiel der Darsteller und dem präzisen Einsatz der Techniker durchaus schon sehen lassen. Die zweite Generalprobe folgt am 13. Mai; die Aufführungen am 14., 15., 17. und 18. Mai, jeweils um 19.30 Uhr; Einlass ist um 19 Uhr.

Für den Erfolg legen sich ins Zeug: Marie Bangert (Geschöpf und junge Elizabeth), Simon Eberhard (Technik), Marlon Feder (Technik und weitere Rollen), Sophia Gölz (Charlotte Frankenstein, Richterin und weitere Rollen), Kim Hänssler (Bühnenbild, Maske und weitere Rollen), Chiara Kienel (Bühnenbild), Jonas Klapper (Henri Clerval und Kapitän Walton), Robin Knörnschild (Technik), Sara Kosch (junger Henri, erster Maat und weitere Rollen), Emma Kühn (junger Victor, dunkler Geselle und weitere Rollen), Thorben Mäncher (Victor Frankenstein), Jannik Schardt (Leutnant Rower, Vater Alfonso und weitere Rollen), Jan Schäfer (Umbau und weitere Rollen), Anna Schemel (Geschöpf und Professorin Waldmann), Lena Schmid (Elizabeth Lavenza und weitere Rollen), Hannah Schweden (Justine Moritz, dunkler Geselle und weitere Rollen) sowie Jeremy Toth und Leonidas Ziegler (Marketing und Design).

Tickets gibt es prt E-Mail an JungesTheaterStarkenburg@gmail.com.

Es ist eine in jeder Hinsicht aufwendige, herausfordernde Inszenierung: Im Foyer der Aula stapeln sich die Requisiten, auch sperrige Gerätschaften wie Schubkarre und Schaufel, Grabsteine und ein sargähnliches Behältnis werden auf der Bühne die Szenerie illustrieren. Die Umbauten übrigens sind in den Ablauf integriert, so dass sich ein kompaktes Bühnenwerk aus zwei Akten, nur von einer kurzen Pause unterbrochen, ergibt. Bespielt wird auch ein Podest als Proszenium, in unmittelbarer Nähe zu den Besuchern, die so zu unmittelbaren Zeugen des Geschehens werden, es gibt Stimmen aus dem Off, Auf- und Abgänge beziehen den ganzen Saal mit ein, und es donnert und es blitzt. Ton- und Lichtregie ziehen alle Register für diese gar schauerliche Geschichte, die nach all dem geballten Schreckensszenario zwar kein Happy End bereit hält, aber das Gedankenkarussell ordentlich auf Trab bringt: Quo vadis humanitas?

Für die Inszenierung haben sich die Regisseure Noah Bangert und Benjamin Priemer die Aufführungsrechte für die “Frankenstein”-Adaptation von Bernd Klaus Jerofke gesichert, selbst und mit den Schauspielern vorab auch Mary Shelley’s Roman gelesen und diskutiert. Jerofke, Autor, Verleger und Theaterpädagoge, hat in seiner Bearbeitung zahlreiche, teils auch nur kurze Szenen entworfen, die Shelleys Rahmenhandlung auf dem Schiff, das zu einer Expedition in die Arktis aufgebrochen ist, und die Rückblende auf die Lebensbeichte des Victor Frankenstein beibehalten. Als das Boot auf dem Packeis strandet, entdeckt die entsetzte Besatzung eine seltsame Gestalt in der Nähe: ein menschliches Wesen?

Nach und nach erfahren Kapitän Robert Walton und somit die Zuschauer, wie sich Victor von einem eifrigen Studenten der Naturwissenschaft mit einem Faible für die Elektrizität und die Galvanik-Experimente des Alessandro Volta zu einem manischen, mit Wahn geschlagenen Eigenbrötler entwickelt. Im Laboratorium setzt Victor sein grausliches Vorhaben tatsächlich um, doch dann nimmt das Unheil seinen Lauf: Das Geschöpf, das “schreckliche Zerrbild eines Menschen” (Shelley), wendet sich gegen seinen Schöpfer.Wer jetzt allerdings ein abscheulich verunstaltetes, totenbleich geschminktes Monster wie Boris Karloff erwartet, wird in der Inszenierung von Noah Bangert und Benjamin Priemer eine Überraschung erleben: Sie haben, wie auch bei anderen Details der Vorlagen, ihr Recht auf künstlerische Freiheit in Anspruch genommen. Ihr Geschöpf ist eine tolle Alternative.