Jüdische Schule

– zwischen Religion und Bildung

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Die Geschichte der jüdischen Schule

Die jüdische Schule ist stets ein wichtiger Bestandteil im Leben eines Juden. Das Erlernen der hebräischen Sprache und die konfessionelle Bildung der jungen Juden sind den Eltern besonders wichtig; die Judenschulen vermitteln aber auch elementare Fähigkeiten, wie Lesen und Schreiben. 1784 verordnet ein Generalreskript die Aufnahme der jüdischen Kinder an christlichen Schulen, da der allgemeine Bildungsstand durch den nahezu ausschließlich religiösen Unterricht an jüdischen Schulen oft niedrig ausfällt. Die jüdischen Eltern werden in mehreren Rundschreiben durch die Regierung angehalten, ihre Kinder auf christliche Schulen zu schicken, ohne dass jedoch ein verpflichtender Besuch ausgesprochen wird. Die jüdischen Schulen dürfen weiterhin als reine Religionsschulen bestehen bleiben.

Um den Besuch der christlichen Schule zu umgehen, greifen mehrere jüdische Familien in Heppenheim auf Privatunterricht zurück. So wird zum Beispiel 1822 Isaac Löw Bendheim aus Mannheim von vier Familien engagiert. Die Einführung der Simultanschule 1876, deren Schulbesuch für alle Kinder verpflichtend ist und in der jede Konfession zweistündig pro Woche unterrichtet wird, bedeutet das Ende der Judenschule in Heppenheim.

Die Lehrer an jüdischen Schulen

Die Lebensumstände der Lehrer an jüdischen Schulen sind entsprechend der Bezahlung sehr gering, aber kaum anders als die der Lehrer an christlichen Schulen. Geld und Verpflegung muss der Lehrer sich oft persönlich bei den Familien abholen und dabei gibt es immer wieder Familien, die sich nicht verpflichtet fühlen, diesem nachzukommen.

Die Arbeit als Lehrer benötigt nur die Fähigkeiten Lesen und Schreiben sowie grundlegend Rechnen zu können. Auf dieser Grundlage wird immer derjenige Lehrer angestellt, der am wenigsten Gehalt verlangt. Dies hat einen nahezu jährlichen Lehrerwechsel zur Folge, worunter erheblich der Bildungsstand der Kinder leidet. Der Unterricht findet teilweise nur sporadisch und unorganisiert statt. Seit 1850 drängt die Großherzoglich Hessische Regierung auf eine ordentliche Ausbildung der Lehrer und verlangt auch Zeugnisse über ihre Vorbildung.

Der Stundenplan und der Bildungsstand

An der jüdischen Schule gibt es 25 – 35 Wochenstunden Unterricht an Vor- und Nachmittagen unter der Woche sowie teilweise an Sonntagen und am Sabbat. In etwa der Hälfte der Stunden werden die hebräische Sprache unterrichtet und Religionsunterweisungen abgehalten. Die Reduzierung auf zwei Religionsstunden in den christlichen Schulen schränkt die Lehre in Hebräisch stark ein, trotzdem erklären mehrere Heppenheimer Juden, dass selbst der zweistündige Unterricht eine große Hilfe für ihre spätere Auswanderung ab 1933 in das heutige Israel gewesen sei.

Die Schulbildung der Juden verbessert sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als das Angebot an weiterführenden Schulen zunimmt. Nur 11 % der Christen, jedoch 52 % der Juden besuchen nämlich daraufhin in Hessen eine höhere Schule. Juden haben zur Jahrhundertwende einen außergewöhnlich hohen Anteil in akademischen Berufen, bekunden selbst ein Interesse an höherer Bildung und um 1900 ist ihr Vermögen im Vergleich zu den Christen dreimal so groß. Diese Entwicklung trägt häufig zu einer antijüdischen Einstellung bei, die sich mit der Propaganda der Nationalsozialisten ab 1933 zuspitzt.

(Text von Melina Guthier, Abitur 2023.)

Mit Unterstützung des Museums und Stadtarchivs Heppenheim sowie des Fördervereins des Starkenburg-Gymnasiums.