Wenn Kinder einen überdurchschnittlichen IQ haben, brauchen sie besondere Angebote. Christiane Wüstner, zuständig für die Hochbegabtenförderung an der Schule, erklärt, welche.
Die einen sind offen, extrem leistungsbereit und leistungsstark, sind in ihren Klassenverbänden voll integriert. Andere ziehen sich zurück, gelten unter Mitschülern als „Streber“ oder wehren sich gegen Leistung bis hin zur Schulverweigerung. Möglicherweise verbindet beide das gleiche „Problem“: Sie sind hochbegabt. Was diesen Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden aber „nicht auf der Stirn geschrieben steht“, wie Christiane Wüstner, am Heppenheimer Starkenburg-Gymnasium für die Begabtenförderung zuständig, sagt. Wie man diese Hochbegabung erkennt und welche Möglichkeiten der Förderung es gibt, darum ging es am Mittwochabend bei einer Info-Veranstaltung für Eltern und Schüler ab Jahrgangsstufe 10.
Es ist oft die Sorge vor Ausgrenzung, die Eltern davon abhält, den in den eigenen vier Wänden als außergewöhnlich aufgeweckt, neugierig und lernbegierig erlebten Nachwuchs als hochbegabt zu „outen“ und sich um Möglichkeiten der Förderung zu kümmern. Womit sie ihren Kindern keinen Gefallen tun: Sind die in der Schule unterfordert, kommt es schnell zu Langeweile, die Motivation sinkt, Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten tauchen auf.
Etwa zwei Prozent der Bevölkerung gelten als hochbegabt, wobei man von einem IQ (Intelligenzquotienten) ab 130 ausgeht; der überwiegende Teil bewegt sich bei einem Wert rund um 100. Übertragen auf das Starkenburg-Gymnasium mit seinen gut 1000 Schülerinnen und Schülern (die derzeit von 86 Lehrern betreut werden) bedeutet dies, dass etwa 20 Gymnasiasten zu der kleinen Gruppe der Hochbegabten zählen sollten. Eine Gruppe, auf die sich die Schule schon vor mehr als 20 Jahren eingestellt hat. Zunächst mit sogenannten „Pull-Out-Angeboten“, die auf dem normalen Unterricht aufbauten und beispielsweise Fächer wie Astronomie oder Chinesisch zu bieten hatten.
Inzwischen ist dieses Angebot deutlich ausgeweitet. Für die Klassen 5 bis 7 gibt es beispielsweise ein „Kids’ Lab BASF“ der Fachschaft Biologie, „Schüler experimentieren“, ein „Maker-Space“ und Vorlesewettbewerbe, für die Klassen 8 bis 10 Bundeswettbewerbe in Fremdsprachen, „Explore Science“, die Juniorakademie am Staatlichen Schulamt oder die Internatsschule Schloss Hansenberg sowie die Teilnahme am Wettbewerb Jugend forscht. Den Klassen 11 bis 13 steht unter anderem die Möglichkeit zu Sprachenzertifikaten, die Teilnahme an „Olympiaden“ oder eine Bewerbung um das „Stipendium Arbeitswelt 4.0“ offen.
Haben Eltern den „Verdacht“, dass ihr Kind zu den Hochbegabten zählen könnte, können sie sich an die Klassenleitung oder an Christiane Wüstner wenden. Hier erfahren sie, welche Fördermaßnahmen es an und außerhalb der Schule gibt, beispielsweise am Staatlichen Schulamt, wo Christian Wolff als Regionalkoordinator des Hessischen Innovations- und Beratungszentrums für Begabungsförderung (HIBB) zur Verfügung steht. HIBB stellt ein breites Angebot an Fortbildungen zur Begabungs- und Leistungsförderung bereit, hier können sich Eltern – auch von Psychologen, die eine Hochbegabung diagnostizieren können – beraten lassen.
Mit der Infoveranstaltung wollte Christiane Wüstner auch „mehr Mut“ machen, „ungewöhnlich begabte Kinder und Jugendliche durch ungewöhnliche Wege zu fordern und zu fördern.“ Auf diese Weise würde „Lernfreude erhalten und Schule zu einer persönlich und sozial stärkenden Erfahrung.“
(C) Echo-Online 17.11.23