Heppenheimer Schüler gedenken der Opfer des Holocaust

Die Beschäftigung mit den dunkelsten Kapiteln der Geschichte sei eine Aufgabe, der wir uns nicht entziehen können, so Katja Eicke, Schulleiterin des Starkenburg-Gymnasiums.

Still hörten die 120 Oberstufenschüler des Starkenburg-Gymnasiums zu, als Direktorin Katja Eicke zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust sprach. Der 27. Januar wurde 2005 von den Vereinten Nationen zum Gedenken an den Holocaust und an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau eingeführt. Im Heppenheimer Gymnasium begann dieser Schultag zum ersten Mal in dieser Form.

Die Geschichtslehrerinnen Edith Lorson und Susanne Dörsam hatten das Programm mit ihren Schülern vorbereitet. Reik Hermann und Jannik Schardt gestalteten die Powerpoint-Präsentation, die als „Erinnerungsspur“ projiziert wurde. Die Schlüsselbegriffe Diskriminierung, Antisemitismus, Rassismus, Ghetto, Deportation, Vernichtungslager, Holocaust und Shoa tauchten auf. Im Unterricht und im Rollenspiel von sechs schwarz gekleideten Schülerinnen und Schülern wurde deutlich, dass diese Begriffe nicht im abstrakten Raum stehen bleiben. Die Beschäftigung mit den dunkelsten Kapiteln der Geschichte sei eine Aufgabe, „der wir uns nicht entziehen können“, sagte Katja Eicke. Es müsse gefragt werden: „Wie konnte es dazu kommen?“ Deshalb sei die Gedenkfeier „Gelegenheit innezuhalten und daran zu erinnern, was vor 78 Jahren geschah“. Die Direktorin bezog sich auf das Lied „Donna, Donna“, das die Band unter der Leitung von Musiklehrer Bernhard Godbersen gespielt hatte. Nach der Melodie von Sholom Secunda hatte Aaron Teitlin 1940 den Text geschrieben, in dem der Weg eines Kalbes zur Schlachtbank beschrieben wird, während eine Schwalbe ihre Freiheit genießt. Welches Leid den jüdischen Bürgern der Stadt Heppenheim zugefügt wurde, zeigt sich exemplarisch am Schicksal der Familie Sudheimer. Der Kaufmann mit dem Vornamen Maier wurde 1881 in Heppenheim geboren. Er heiratete 1911 die aus Alsfeld stammende Ida Rothschild. Die Schüler zitierten die Zeitzeugin Gertrud Frank geborene Lulay, die sich daran erinnerte, wie die Bedrohung nach der Machtergreifung der Nazis zunahm. Drei der fünf Kinder von Maier und Ida konnten rechtzeitig emigrieren. Eva, die jüngste Tochter, kam 1938 nach Köln. Dort gab es noch die Möglichkeit für jüdische Kinder, in eine Schule zu gehen. Als sie erfährt, dass ihr Onkel in Buchenwald ermordet wurde, erleidet sie einen Nervenzusammenbruch. Die Angst der Familie steigerte sich ins Unermessliche, als am Morgen des 10. Novembers 1938 die Heppenheimer Synagoge gesprengt und in Brand gesetzt wurde. Wie die anderen noch in Heppenheim wohnenden Juden wurden Eva, Ludwig, Ida und Maier Sundheimer am 18. März 1942 in ein Sammellager nach Darmstadt gebracht. Am 25. März fuhr der Deportationszug über Lublin nach Piaski. Die Todestage von Ida und Maier sind nicht bekannt. Der Todesort von Ludwig wird mit Majdanek angegeben, ein Konzentrationslager bei Lublin. Eva wurde in Auschwitz vergast. Das Rollenspiel verdeutlichte, dass es keine anonymen Opfer waren, sondern Menschen, die Mitbürger waren und Nachbarn hatten. Mit dem Lied „Die Moorsoldaten“ endete die Gedenkfeier im Starkenburg-Gymnasium, danach verließen die Schüler schweigend die Aula.

(c) Bürstädter Zeitung, 28.01.23