Das Frauenbad

– ein besonderes Erfordernis jüdischen Lebens

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Die Gefahr, dass „dann, wenn eine Judenfrau badet, ein Stadtteil einige Zeit kein Wasser hat“ ist eine Sorge des Heppenheimer Stadtrats 1838 und repräsentativ für eine Vielzahl von Herausforderungen, mit denen das jüdische Frauenbad in Heppenheim während seiner Existenz zu kämpfen hat.

Die jüdische Lehre sieht vor, dass Frauen nach der Menstruation, vor der Hochzeit und nach einer Entbindung ein rituelles Reinigungsbad nehmen. Dies geschieht in einem speziell dafür gedachten Badehaus, auch Mikwa genannt. Zwar sollen auch Männer in bestimmten Fällen ein solches Bad nehmen, allerdings war das Badehaus in Heppenheim ein reines Frauenbad.

Ein jüdisches Frauenbad hat bestimmte Anforderungen zu erfüllen, damit es genutzt werden darf. Dazu gehört, dass ein völliges Untertauchen in das Wasser gewährleistet sein muss und dass das Wasser konstant fließt. Das Wasser darf demnach weder geschöpft noch gepumpt werden. Die Mikwa besteht in der Regel aus einem Badebecken, einem Umkleideraum und einem Vorraum mit einem Kessel zum Anwärmen des Wassers.

Während es sich große jüdischen Gemeinden leisten können, ein Frauenbad zu bauen, ist dies in Heppenheim anfangs noch nicht der Fall. Im Jahr 1715 gibt es erstmals Aufzeichnungen über die Existenz eines Frauenbads. Dieses ist noch recht simpel, da es im Keller einer Privatperson liegt und durch Sickerwasser des Stadtbachs gefüllt wird.

Im Juli 1825 ordnet die Großherzoglich Hessische Regierung an, dass in Frauenbädern gewisse Standards erfüllt werden müssen: Der Raum müsse heizbar sein und einen Kessel zum Erwärmen des Wassers enthalten. Das Wasser müsse aus hygienischen Gründen leicht abzulassen sein. Diese Anforderungen kann das Bad im Keller nicht erfüllen und wird zugeschüttet. Jedoch gibt es noch ein weiteres Bad unmittelbar an der Liesenbrücke, das der Verordnung entspricht. Innerhalb der folgenden Jahre verschlechtert sich der Zustand dieses Frauenbads allerdings erheblich, sodass es 1833 aufgrund untragbarer Zustände außer Betrieb gesetzt wird.

1836 soll die heutige Siegfriedstraße ausgebaut werden, was den Abriss des Frauenbads zur Folge hat. Die Suche nach einem neuen Standort ist nicht einfach und man einigt sich schließlich auf den „Roten Hut“, ein als Gefängnis genutzter Stadtmauerturm, welcher daraufhin abgerissen wird.

Wegen Verzögerungen wird das neue Frauenbad nicht in den geplanten vier Wochen errichtet, sondern kann erst fünf Jahre nach Vertragsschluss, 1842, endgültig in Betrieb genommen werden.

Doch auch der neue Standort an der Einmündung Siegfriedstraße/ Hinterer Graben und das neue Bad bringen Herausforderungen mit sich. Die problematische Wasserversorgung bleibt bestehen, da für ca. 4.000 Einwohner nur zwei bis drei Laufbrunnen zur Verfügung stehen. Infolge eines Prozesses 1847 wird eine Brunnenstube errichtet, die das Frauenbad mithilfe von drei Quellen versorgt. Die Gefahr, dass „dann, wenn eine Judenfrau badet, ein Stadtteil einige Zeit kein Wasser hat“, verringert sich damit.

Nach seiner Fertigstellung ist das Bad nicht mehr in privater Hand und es werden unterschiedliche Tarife für dessen Gäste festgelegt. Einheimische Jüdinnen zahlen beispielsweise weniger als auswärtige. Zudem wird eine Wartefrau eingestellt, die das Bad verwaltet.

Um das Jahr 1905 reinigen sich kaum noch jüdischen Frauen in dem Bad, weil immer mehr jüdische Familien eigene ähnliche Einrichtungen in ihren Privathäusern haben. Nachdem das Frauenbad 30 Jahre lang nicht genutzt worden ist und zunehmend eine finanzielle Belastung für die jüdische Gemeinde darstellt, kauft 1935 eine Privatperson das Gebäude und baut das Innere zu Wohnzwecken vollständig um.

Zwar existiert die Badeeinrichtung der ehemaligen Mikwa nicht mehr, der Ort bleibt aber eine Erinnerung an die Rituale der einstigen jüdischen Gemeinde Heppenheims.

(Text von Lucy Pohl und Dorothea Seibel, beide Abitur 2023.)

Mit Unterstützung des Museums und Stadtarchivs Heppenheim sowie des Fördervereins des Starkenburg-Gymnasiums.