Über 9.500 handgeschriebene Briefe von hessischen Schüler:innen zum Thema „Freiheit“ gingen beim Schülerschreibwettbewerb der Stiftung Handschrift ein. Die Preisverleihung am „Tag der Handschrift“ fand online statt: Unter den 100 Prämierten, die von Kultusminister Alexander Lorz ausgezeichnet wurden, war auch Sara Kübler des Starkenburg-Gymnasiums.
„Wenn du eine Waffe trägst, fühlst du dich dann freier?“, fragt Sara Kübler in ihrem Brief an ein fiktives Mädchen, das in einem US-amerikanischen Staat lebt.Schon fast philosophisch muten diese Zeilen in dem handgeschriebenen Brief der Schülerin der 6. Klasse des Starkenburg-Gymnasiums an. Als die Stiftung Handschrift im Sommer vergangenen Jahres zum vierten Mal zu ihrem Schülerschreibwettbewerb aufrief, war niemandem klar, welche Brisanz das Thema „Freiheit“ zum Zeitpunkt der Preisverleihung haben würde. Schon beim Start des Wettbewerbs im Sommer 2021 stellten die Verantwortlichen wichtige Fragen: „Was bedeutet Freiheit für dich?“, „Wann fühlst du dich richtig frei?“, „Wie definierst du Freiheit?“ Daraufhin erreichten im Herbst 9.500 Briefe die Fachjury – rund 2.500 mehr als im Jahr zuvor. Aus dem Starkenburg-Gymnasium hatten sich 26 Kinder beteiligt. „Alle Briefe sind einzigartige Zeitdokumente und bieten einen unverfälschten Einblick in das Denken und Erleben unserer Kinder und Jugendlichen. Zugleich regen viele der Aussagen auch uns Erwachsene zum Nachdenken an“, erklärt die Deutschlehrerin Susanne Dörsam, die die Idee hatte, mit „ihrer“ Klasse an dem Wettbewerb teilzunehmen.
Insgesamt 100 Briefe wurden nun aufgrund der anhaltenden Pandemie in einer Online-Feierstunde am 1. April 2022, dem „Tag der Handschrift“, vom hessischen Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz prämiert. Dank moderner Technik fieberten nicht nur die Preisträgerinnen und Preisträger, sondern auch die Familien zuhause und die ganze Klasse 6b vor den Bildschirmen mit. In seiner Ansprache ging Kultusminister Lorz auf die Bedeutung des Schreibens mit der Hand ein, griff aber auch die aktuelle Lage auf: „Die Handschrift ist eine unserer grundlegenden Kulturtechniken und individuelles Markenzeichen eines jeden Menschen. Wer einen Brief schreibt, transportiert eine Wertschätzung für den Empfänger, die eine Nachricht in den sozialen Medien nicht vermitteln kann. Dasselbe gilt für die Plakate, die Schülerinnen und Schüler aus ganz Hessen derzeit bei den friedlichen Protesten für Frieden und Freiheit in der Ukraine in die Höhe recken. Ich bin beeindruckt von der Solidarität, die sie dadurch mit ihren von Krieg und Vertreibung betroffenen Gleichaltrigen bekunden.“
Erklärtes Ziel der Stiftung Handschrift ist es, gemeinsam mit Schulen außerhalb des Unterrichts Anlässe zum handschriftlichen Schreiben zu schaffen. Im digitalen Zeitalter, aber auch vor dem Hintergrund möglicher Corona-bedingter schulischer Defizite ist ein derartiges Engagement wichtiger denn je. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass durch die Entwicklung einer flüssigen und lesbaren Handschrift kognitive Prozesse im Gehirn angeregt werden. Gleichzeitig werden Kreativität und Individualität gefördert. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der TU Dortmund kommt nach dem Distanz-Unterreicht der Covid-19-Zeit zu einem alarmierenden Ergebnis bei Viertklässlern: Die Lesekompetenz habe erheblich gelitten. Der Zusammenhang mit der Schlüsseldisziplin Schreiben ist nicht von der Hand zu weisen, so auch die Einschätzung von Dörsam.
Im Zuge der Preisverleihung kamen nicht nur Träger und Förderer der Stiftung zu Wort – auch die jungen Protagonisten zeigten in eigenen Videos eindrucksvoll, wie kreativ sie auch mit dem Medium Film umgehen. Das virtuelle Format gab denjenigen, die im Mittelpunkt stehen, mehr Raum und Zeit: den Kindern und Jugendlichen. Online-Interviews mit den jungen Autorinnen und Autoren zeigten, wer „hinter“ den Briefen steht und wie die Ideen zum persönlichen Brief zum Thema „Freiheit“ entstanden waren.