Bis zum 8. Januar 2023 ist im Marstall des Heppenheimer Amtshofs die Sonderausstellung „Starkenburg-Gymnasium – Schule im Wandel” zu sehen. Gestaltet wurde sie von 13 Schülern.
Sichtlich stolz präsentiert ein Teil der Projektgruppe das Modell des Starkenburg-Gymnasiums im Zentrum der Sonderausstellung im Marstall. Von links: Die Geschichtslehrerinnen Anna Wenner und Tonja Seiffert, Elias, Elisabeth, Frederik, Adriana und Schulleiterin Katja Eicke. (© Christopher Frank)
Heppenheim – „Guckt mal, hier steht ja mein Auto“, sagt Tonja Seiffert und zeigt lachend auf ein kleines, rotes Holzauto auf einem nahezu maßstabgetreuen Modell des Starkenburg-Gymnasiums. Das Modell steht in der Mitte des Marstalls im Amtshof und ist somit auch der zentrale Punkt der Sonderausstellung „Starkenburg-Gymnasium – Schule im Wandel“ des Stadtmuseums, die seit Mittwoch im Marstall besucht werden kann. Die Ausstellung ist zugleich ein wesentlicher Bestandteil der Feierlichkeiten zum 140-jährigen Schuljubiläum.
Gestaltet wurde das Modell nach Angaben von Schulleiterin Katja Eicke aus „reinem Recycling-Material“ von 73 Schülern aus drei achten Klassen im Kunstunterricht der Bildungseinrichtung. Die genaue Projektbeschreibung lautete: „Wie kann man im Kunstunterricht ressourcenschonend im Lernbereich Modellbau und Architektur gestaltend tätig werden? Wie kann die genaue Wahrnehmung des (Lebens-)Raumes geschult werden, der uns tagtäglich unmittelbar umgibt?“ Dass insbesondere Letzteres zu 100 Prozent gelungen ist, zeigt schon das kleine, rote Holzauto.
Ergebnis einer Projektarbeit von 13 Schülern und zwei Lehrern
Große Teile der Ausstellung, der mit viel Liebe zum Detail erstellten Begleitbroschüre sowie des begleitenden Film-, Ton- und Bildmaterials wurden im Rahmen einer Projektarbeit in der letzten Woche des Schuljahres 2021/22 von einer dreizehnköpfigen Schülergruppe und den Geschichtslehrerinnen Tonja Seiffert und Anna Wenner erstellt – mit sachkundiger Unterstützung von Museumsleiterin Luisa Wipplinger und bei Temperaturen von durchschnittlich 30 Grad im Schulgebäude. Alle Beteiligten betonen dennoch gleichermaßen: „Es hat Spaß gemacht. Denn es ist eine Ausstellung von Schülern für Schüler.“ Und natürlich auch für die Ehemaligen.
„Viele bunte Fahnen stellen 140 Jahre dar. Man kann hier wirklich Historisches sehen.“
Entsprechend hat die Sonderausstellung im Marstall auch deutlich mehr zu bieten als allein das Modell der Schule. „Viele bunte Fahnen stellen 140 Jahre dar. Man kann hier wirklich Historisches sehen“, sagt Elias stellvertretend für die Projektgruppe. „Ich bin wirklich sehr stolz, in diesem Raum zu stehen und dieses Produkt zu sehen“, fährt der Elftklässler fort. Er selbst hat zahlreiche Texte für die Begleitbroschüre geschrieben – und hätte womöglich noch deutlich mehr zum Gelingen der Ausstellung beigetragen, hätte er sich während der Projektwoche nicht mit Corona infiziert.
Die bunten Fahnen bieten tatsächlich einen nahezu allumfassenden Überblick über die Schulgeschichte. Erstellt wurden sie – wie auch die Texte für die Begleitbroschüre – auf Basis der unlängst erschienen Schulchronik der ehemaligen Lehrer Norbert Krauth und Horst Ober. Sie spiegeln ferner die „durchaus wechselhafte Geschichte der Schule“ in den vergangenen 140 Jahren wider, wie es auf dem Flyer zur Ausstellung heißt. Beginnend bei der Gründung der „Höheren Bürgerschule“ am Laudenbacher Tor am 4. November 1872, über die Erweiterung zur Realschule (1891) und zur Oberrealschule (1907), bis hin zum Realgymnasium der Nachkriegszeit und dem Neubau des Starkenburg-Gymnasiums an der Gerhart-Hauptmann-Straße Ende der 1960er Jahre.
Stets wird dabei auch auf die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland geachtet. Das Kaiserreich, die beiden Weltkriege, aber auch die Zeit der „außerparlamentarischen Opposition“ und der „wilden 68er“ sowie der Weg zur deutschen Einheit werden auf den Fahnen berücksichtigt. Besonders wichtig sei es Elias gewesen, auch die jüdische Geschichte der Schule vorzustellen, lobt Schulleiterin Katja Eicke. Er tat dies am Beispiel des einstigen Schülers Ludwig Sundheimer, der 1941 nach Polen deportiert und im Konzentrationslager Majdanek ermordet wurde.
„Wenn wir schon neun Jahre auf diese Schule gehen, ist es doch interessant zu wissen, was an diesem Ort zu welcher Zeit so alles passiert ist.“
Und warum das alles? „Wenn wir schon neun Jahre auf diese Schule gehen, ist es doch interessant zu wissen, was an diesem Ort zu welcher Zeit so alles passiert ist“, nennt Frederik die Intention der Projektgruppe. Dass dies nicht nur mithilfe der Texte und Fahnen geschehen ist, betont derweil Elisabeth: „Wir haben für die Ausstellung auch etliche Fotos der früheren Schulgebäude gemacht. So kann man auch sehen, wie sich alles verändert hat.“
Und damit nicht genug: An einer Schautafel werden die prominentesten Ex-Schüler vorgestellt – Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel darf dabei ebenso wenig fehlen, wie der Landtagsabgeordnete Alexander Bauer. Und dann gibt es da auch noch einen Comic, der einen „Kriminalfall“ längst vergessener Zeiten wiederaufleben lässt.
Fazit: Beim Besuch der Ausstellung, die noch bis zum 8. Januar zu sehen ist, kommen längst nicht nur die ehemaligen Schüler auf ihre Kosten. Die Schüler machen vielmehr 140 Jahre Stadt-, Land- und gar Weltgeschichte erlebbar. Es fehlt dabei an nichts – wenngleich Elias rückblickend gerne auch noch die Zeit der „Spanischen Grippe“ wissenschaftlich beackert hätte.
Öffnungszeiten
Die Ausstellung im Marstall ist mittwochs, donnerstags und samstags sowie an Sonn- und Feiertagen jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet, außerdem nach Vereinbarung.
(c) Echo 16.11.22